BMI-Berechnung: Wie Krankenkassen Zusatzversicherungen steuern
Bei der Anmeldung zu einer neuen Krankenkasse gehört die Erhebung des Body-Mass-Index mittlerweile zum Standard. Während diese Daten für die Grundversicherung rechtlich irrelevant bleiben, spielen sie bei Zusatzversicherungen eine entscheidende Rolle.
Grundversicherung bleibt geschützt
Felix Schneuwly, Gesundheitsexperte beim Vergleichsportal Comparis, stellt klar: "Wenn es nur um die Grundversicherung geht, spielt der BMI gar keine Rolle. Es wäre illegal, ihn in die Prämie einzurechnen." Das Krankenversicherungsgesetz verpflichtet die Versicherer zur Aufnahme aller in der Schweiz wohnhaften Personen, unabhängig von ihrer körperlichen Verfassung.
Vertragsfreiheit bei Zusatzversicherungen
Anders verhält es sich bei den Zusatzversicherungen. Hier gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit, wodurch Versicherer selbst bestimmen können, zu welchen Bedingungen sie Personen aufnehmen. Der BMI dient dabei als statistischer Indikator für potenzielle Gesundheitskosten.
Eine Umfrage unter den grössten Schweizer Krankenversicherern ergab: Acht von zwölf befragten Unternehmen verneinten, dass der BMI die Prämienhöhe direkt beeinflusse. Jedoch behalten sie sich vor, Personen mit ungünstigem BMI nicht aufzunehmen oder bestimmte Leistungen auszuschliessen.
Risikobewertung durch Datensammlung
Neben dem BMI erheben Krankenkassen weitere gesundheitsrelevante Daten: Vorerkrankungen, chronische Leiden, Geburtsgebrechen sowie Trink- und Rauchgewohnheiten. Diese Informationen ermöglichen eine präzise Risikoberechnung für Versichertengruppen mit ähnlichen Profilen.
Wichtiger Hinweis: Falsche Angaben gegenüber der Versicherung können schwerwiegende Folgen haben. Versicherer können nachträglich Kostenübernahmen ablehnen, Deckungsausschlüsse verhängen oder Verträge kündigen.
Zukunftsperspektiven: Genetische Faktoren
Schneuwly erwartet, dass genetische Tests künftig eine grössere Rolle spielen werden. Bereits heute können Versicherer bei Zusatzversicherungen fragen, ob ein Gentest durchgeführt wurde, und dessen Herausgabe verlangen.
Die Entwicklung könnte zu einem System führen, in dem Versicherte für gesunde Lebensweise belohnt werden. Fitness-Abos und Sportuhren-Daten sind derzeit noch Marketingmassnahmen, könnten aber künftig medizinisch fundierte Bewertungsgrundlagen werden.
Solidaritätsprinzip unter Druck
Die zunehmende Präzision der Risikoberechnung stellt das traditionelle Solidaritätsprinzip vor Herausforderungen. Menschen mit ungünstigen genetischen Voraussetzungen könnten trotz gesunder Lebensführung höhere Prämien zahlen als genetisch begünstigte Personen.
Diese Entwicklung wirft grundsätzliche Fragen zur Zukunft des schweizerischen Gesundheitswesens auf: Wie weit darf die Individualisierung von Gesundheitsrisiken gehen, ohne die gesellschaftliche Solidarität zu gefährden?