Netflix-Serie "The Beast in Me": Anatomie eines Immobilienhaies
Die neue Netflix-Serie "The Beast in Me" zeigt exemplarisch auf, wie sich Reichtum und Einfluss gegen juristische Verfolgung immunisieren können. Matthew Rhys verkörpert den Immobilienmogul Nile Jarvis, der sich trotz Mordverdachts als harmlosen Nachbarn inszeniert.
Schreibblockade als narrativer Ausgangspunkt
Die Schriftstellerin Aggie Wiggs (Claire Danes) durchlebt seit dem Unfalltod ihres Sohnes eine kreative Krise. Ihr neuer Nachbar Jarvis wittert darin eine Gelegenheit und bietet sich als Buchvorlage an. Diese scheinbar banale Begegnung entpuppt sich als Einstieg in ein komplexes Machtspiel.
Jarvis präsentiert sich bewusst als "interessanter" Charakter, während er gleichzeitig seine wahren Absichten verschleiert. Seine Gentrifizierungsprojekte in New York stehen auf dem Spiel, zusätzlich lastet der Verdacht des Gattenmordes auf ihm.
Das System der Privilegierten
Die Serie fokussiert weniger auf die Schuldfrage als vielmehr auf die Mechanismen, mit denen sich Vermögende gegen Anschuldigungen abschirmen. Jarvis' Familie bildet ein Netzwerk aus Einfluss und Protektion: Vater Martin (Jonathan Banks) und Onkel Rick (Tim Guinee) fungieren als loyale Unterstützer.
Diese Darstellung gewinnt angesichts aktueller Enthüllungen um einflussreiche Kreise an Brisanz. Die Serie illustriert, wie Wahrheit zur manipulierbaren Ressource wird, wenn genügend finanzielle Mittel vorhanden sind.
Handwerkliche Schwächen trotz starker Grundidee
Trotz interessanter Prämisse weist "The Beast in Me" typische Netflix-Schwächen auf. Nebenfiguren wie FBI-Agent Abbott oder Stadträtin Benitez bleiben schablonenhaft. Die Erzähltechnik über Smartphone-Nachrichten wirkt mittlerweile abgenutzt.
Matthew Rhys' Darstellung des Nile Jarvis kompensiert jedoch diese Mängel. Seine Verkörperung des manipulativen Immobilienhaies entwickelt einen fesselnden Sog, der die Serie trotz ihrer Konventionen sehenswert macht.
Zeitgemässe Gesellschaftskritik
Die Serie trifft den Nerv der Zeit, indem sie die Immunität der Superreichen gegen rechtliche Konsequenzen thematisiert. In einer Epoche, in der Enthüllungen über mächtige Netzwerke regelmässig Schlagzeilen machen, bietet "The Beast in Me" eine relevante Analyse der Korruption durch Privilegien.
Die langsame Spannungsentwicklung entspricht dem veränderten Sehverhalten der Streaming-Generation, die komplexere Erzählstrukturen zu schätzen weiss.