Nachhaltige Kreislaufwirtschaft: Pflanzenbrocki erobern die Schweizer Städte
Die Schweizer Kreislaufwirtschaft erhält neuen Aufwind durch ein innovatives Konzept: Pflanzenbrocki. Nach den erfolgreichen Pionieren in Bern und Basel hat nun auch Zürich ein spezialisiertes Brockenhaus für Secondhand-Pflanzen eröffnet. Diese Entwicklung zeigt, wie sich nachhaltige Geschäftsmodelle auch in Nischenbereichen etablieren können.
Bewährtes Berner Modell als Vorbild
Das erste Schweizer Pflanzenbrocki entstand 2022 in Bern am Viktoriaplatz. Die Gründerinnen Nora Hürlimann und Kristina Hodel, beide ausgebildete Gärtnerinnen, entwickelten ein Geschäftsmodell, das auf fachlicher Kompetenz und nachhaltiger Ressourcennutzung basiert. Ihr Ansatz: Jede Pflanze, unabhängig vom Zustand, wird professionell aufgepäppelt und erhält eine zweite Chance.
Die beiden Unternehmerinnen, die sich vor 20 Jahren in der Gartenbauschule Niederlenz kennenlernten, identifizierten eine Marktlücke. Während die Schweiz über rund 600 traditionelle Brockenhäuser verfügt, fehlte ein spezialisiertes Angebot für Zimmerpflanzen. Hauptgründe für Pflanzenabgaben sind Platzmangel, Wohnungswechsel und der Pflegeaufwand, insbesondere bei älteren Menschen.
Regionale Expansion mit lokalen Besonderheiten
Basel folgte 2024 mit der "Pflanzebroggi" an der Kleinhüningerstrasse. Das Team um Jasmin, Ariane und Stefan erweiterte das Konzept um Gartenwerkzeuge, Vasen und Gartenmöbel. Trotz fehlender Fachausbildung kompensieren sie durch Eigeninitiative und Informationsbeschaffung. Ein Abholservice für grosse Pflanzen und regelmässige Veranstaltungen stärken die Kundenbindung.
In Kriens etablierte die gelernte Floristin Ursula Brunner im September 2024 das erste Pflanzenbrocki der Zentralschweiz. Ihr Standort im Belle-Areal verbindet Pflanzenhandel mit Kunstausstellungen regionaler Künstler. Die überregionale Ausstrahlung zeigt sich durch Kunden aus den Kantonen Zug und Basel-Landschaft.
Davos ergänzt seit Mai 2023 das Angebot in den Bündner Alpen. Cornelia Lorenz kombiniert ihr Pflanzenbrocki mit einem Mosaik-Atelier. Besonders während des Weltwirtschaftsforums verzeichnet sie Spitzennachfrage und bietet sogar Pflanzenvermietung an.
Zürich komplettiert das urbane Netzwerk
Mit der Eröffnung am 11. November 2024 in Zürich Altstetten erreicht das Pflanzenbrocki-Konzept nun auch die grösste Schweizer Stadt. Die Innovationsgenossenschaft "Die Cuisine" integriert den Pflanzenhandel in ihr nachhaltiges Kulinarik-Programm. Parallel betreibt die sozialpsychiatrische Institution Veso in Embrach ein Gartenbrockenhaus, das 15 Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen beschäftigt.
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung
Diese Entwicklung illustriert mehrere volkswirtschaftliche Trends: die wachsende Bedeutung der Kreislaufwirtschaft, die Nachfrage nach nachhaltigen Konsummodellen und die erfolgreiche Nischenspezialisierung im Detailhandel. Gleichzeitig entstehen neue Arbeitsplätze und soziale Begegnungsräume.
Die Pflanzenbrocki verkörpern einen pragmatischen Ansatz zur Ressourcenschonung ohne ideologische Überhöhung. Sie kombinieren unternehmerische Initiative mit ökologischer Verantwortung und schaffen dabei lokale Wertschöpfung. Für die Schweizer Wirtschaft demonstrieren sie, wie sich traditionelle Geschäftsmodelle innovativ weiterentwickeln lassen.